Erhalt unserer notwendigen Verkehrsinfrastruktur!

Datum des Artikels 31.01.2023

MIT vor Ort bei der Heinrich Send Gmbh, Spezialist für Ingenieur & Brückenbau
Der Vorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) für den Kreis Recklinghausen traf sich  bei der Firma Heinrich Send GmbH in Castrop-Rauxel. Die Heinrich Send GmbH ist ein mittelständisches, inhabergeführtes Bauunternehmen, kann auf eine über 100-jährige Tradition zurückblicken und hat aktuell mehr als 80 Mitarbeiter und 8 Auszubildende. Die Heinrich Send GmbH ist Spezialist für Brückenbau und -sanierung, insofern für die MIT eine hervorragende Gelegenheit sich über den Stand der notwendigen Verkehrsinfrastruktur und speziell zur Problematik der Brückensanierungen zu informieren.

Zusätzlich zu Brücken von Bund und Land 70 Brücken im Kreis Recklinghausen
Inhaber und Geschäftsführer Henrik Send begrüßte die 14 teilnehmenden Mitglieder des MIT Kreisvorstand in seinem Betrieb und berichtete über die Situation in seiner Branche. Dabei geht es nicht nur um die großen Projekte, die man von den Autobahnen A43 und der A45 kennt. Alleine der Kreis Recklinghausen unterhält über 70 Straßenbrücken und Durchlässe über Kanäle, Flüsse und Eisenbahnlinien. Die Firma Send ist im Schwerpunkt in ganz NRW tätig. Größere Maßnahmen finden aktuell unter anderem an der A42 statt.

Regelmässige Brückenprüfung nach DIN 1076
Auch wenn Brücken gemäß DIN Norm alle sechs Jahre einer großen und alle drei Jahre einer kleinen Brückenprüfung unterzogen werden, so sind notwendige bzw. erhaltende Instandhaltungsmaßnahmen in den vergangenen 20 Jahren vielfach vernachlässigt worden. Erst mit den letzten technischen Problemen, die zu massiven Einschränkungen in der Verkehrsinfrastruktur und zu den bekannten Brückensperrung geführt haben, fand ein Umdenken statt. Erst mit dem Regierungswechsel in NRW 2017 und den letzten aufgetretenen technischen Problemen, die zu massiven Einschränkungen in der Verkehrsinfrastruktur und zu Brückensperrungen geführt haben, fand ein Umdenken statt.

Brückensanierungen sind komplexe Bauvorhaben – Fachkräftemangel schlägt zu
Jedoch ist eine Brückensanierung ein technisch und planerisch aufwändiges Bauvorhaben, bei dem der Fachkräftemangel, insbesondere im Ingenieurwesen, nun Probleme bereitet. Sofern die notwendige Kompetenz/Kapazität beim Auftraggeber nicht vorhanden ist, müssen Planung und später Bauüberwachung an Ingenieurbüros vergeben werden. Dies führt zu einer Vielzahl Beteiligter mit jeweils begrenzter Zuständigkeit. Eine Brückensanierung ist jedoch nicht vollständig vorhersehbar und birgt im Rahmen der Ausführung immer wieder Überraschungen, so dass Anpassungen vorgenommen werden müssen. Dies führt bei mehreren Beteiligten mit unterschiedlicher Zuständigkeit zu starken Verzögerungen, in denen nicht weitergebaut werden kann. Zudem sind die im Rahmen der Ausführung notwendigen Nachträge später teilweise schwierig abzurechnen und stellen insofern ein Risiko für das ausführende Unternehmen dar.

Vergaberecht sorgt nicht immer für die beste/kostengünstigste Lösung
Erfahrene Unternehmen könnten aufgrund ihrer Expertise auf Ausschreibung Nebenangebote (Bauverfahren, Bauzeitreduzierung, andere Materialien) abgeben, in denen sie von der Ausschreibung abweichende, technisch aber gleichwertige und kostengünstigere Lösungen vorschlagen. Dies wird von den ausschreibenden Behörden aber zunehmend nicht mehr zugelassen mit der Begründung, sich dadurch der Gefahr von Einsprüchen der somit wirtschaftlich Unterlegenen auszusetzen, was im Anschluss dann meist mit weiteren Bauzeitverzögerungen verbunden ist. Das Problem liegt somit im zur Zeit sehr komplexen Vergaberecht und führt dazu, dass zusätzliches Fachwissen und Knowhow vom Auftragnehmer nicht abgegriffen wird und der Wettbewerb sich allein um den billigsten Preis dreht.

Überwälzung der Planung an die ausführenden Unternehmen ist keine Lösung
Ein weiteres Problem für die kleinere, mittelständische Bauindustrie ist, dass zunehmend die komplette Planungsleistung von Anfang an Bestandteil der Ausschreibung werden (funktionale Ausschreibung). Bevor das ausführende Unternehmen ein Angebot abgeben kann, muss es die gesamte notwendige Planung auf eigenes Risiko selbst vornehmen. Aufgrund der Komplexität der Bauvorhaben und der damit verbundenen Planungskosten ist dies vielfach nicht machbar, zumal die in der Ausschreibung unterlegenen Unternehmen keine Entschädigung für die durchgeführten Planungsleistung erhalten.

Arbeiten zwischen Vollauslastung, Kurzarbeit und drohenden Vertragsstrafen
Als Unternehmen, welches seine Fachkräfte hier aus der Region bezieht, und als Spezialist für Beton/Stahl Ingenieur- und Wasserbau, sieht sich die Heinrich Send GmbH für die zukünftigen Herausforderungen gut gerüstet. Immer schwieriger wird es jedoch, die unterschiedlichen Bauvorhaben zu koordinieren. Diese sind vielfach mit konkreten Ausführungszeiten und hohen Vertragsstrafen versehen, die für ein einzelnes Bauvorhaben sinnvoll sein mögen, jedoch für die ausführenden Unternehmen nicht immer sinnvoll zu erfüllen sind. Zudem sind Unwägbarkeiten in der Bauausführung nicht kalkulierbar. Verzögerungen, fehlende Genehmigungen, gestörte Bauabläufe und zur Zeit auch Materiallieferengpässe führen immer wieder zu Stillständen, so dass in der Arbeitsplanung Phasen zwischen Vollauslastung bzw. Überlastung bis zu drohender Kurzarbeit bei Baustillstand wechseln, was Unternehmen und Belegschaft belastet.

Gefragter 24/7 Notfallservice
Die Heinrich Send Gmbh bietet zudem einen 24/7 Notfallservice an, der vielfach aufgrund von Unfällen oder plötzlich auftretenden Defekten in Anspruch genommen wird, um Straßen und Brücken schnellstmöglich wieder freizugeben. Aber auch dieser so wichtige Service beeinträchtigt laufende Baustellen, da so die Mitarbeiter für die Zeit des Noteinsatzes an der geplanten Baustelle nicht zur Verfügung stehen, die zugesicherte Fertigstellung aber nicht gefährdet sein darf.

Maßnahmen zur Verbesserung
Folgende Erkenntnisse hat der MIT-Vorstand aus dem Besuch mitgenommen:

  • Bei den Behörden sollte idealerweise die planerische Kompetenz für komplexe Bauvorhaben erhalten bleiben bzw. verstärkt werden.
  • In einer Koordinierungsstelle für komplexe Bauvorhaben müssen Kompetenz und Entscheidungsbefugnisse zentralisiert werden, so dass notwendige Abstimmungen zwischen den Beteiligten zügig erfolgen können
  • In Ausschreibung sollten Nebenangebote, die technisch vergleichbar sind, zugelassen werden, um die Expertise der Unternehmen zu nutzen und so letztlich kostengünstigere oder schnellere Lösungen umzusetzen.
  • Im Rahmen der Prüfungen festgestellten Mängel sollten frühzeitiger behoben werden, bevor aus einem Mangel eine gravierende Beeinträchtigung der Infrastruktur folgt.
  • Dies gilt für Brücken genauso wie die für den Transport von Massengütern wichtigen Wasserstraßen

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion im Kreis Recklinghausen bedankt sich bei Henrik Send für die spannenden und äußerst informative Betriebsbesichtigung, die erst spät am Abend zu Ende ging.

Dem Landesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion NRW, in dem Landtagsabgeordnete Mitglied des Verkehrsausschuss des Landtag NRW sind, sowie dem Vorsitzenden des Verkehrsausschuss  im Landtag NRW wurden die Erkenntnisse übermittelt und anschließend diskutiert.